Härtefallverfahren ab dem zweiten Antrag vereinfachen

Härtefallverfahren ab dem zweiten Antrag vereinfachen

Es gibt im aktuellen Finanzierungssystem der Sozialversicherungen zwei verschiedene IV-Mitfinanzierungsverfahren beim Hörgerätekauf: das Pauschalverfahren als Normalfall und das Härtefallverfahren als Ausnahmefall. Die Pauschalen sind fixe Frankenbeträge, die unter gewissen Voraussetzungen von IV oder AHV ausbezahlt werden. Das Härtefallverfahren, wo bei positivem Entscheid sehr viel höhere Beträge an die Betroffenen ausgerichtet werden, ist an eine Erwerbstätigkeit gebunden. Das Härtefallverfahren verläuft zweistufig und es verlangt einigen Aufwand von den Betroffenen. Bis zum Entscheid der IV dauert es Monate bis zu einem Jahr.

Wenn sich eine betroffene Person, die als Härtefall anerkannt ist, nach 6 Jahren mit neuen Hörgeräten versorgen muss, beginnt das ganze Prozedere eines Härtefallverfahrens von vorn. Einige Betroffene kritisierten beim Verein, dass der zweite Verfahrensdurchlauf mit viel zu viel unnötigen Abklärungen verbunden ist, und dass damit das Verfahren ungewöhnlich lange dauert. Die finanzielle Ungewissheit bis zum Verfahrensentscheid löste bei vielen erheblichen Stress aus.

Persönlicher Erfahrungsbericht von sieben Betroffenen

Im Feb./März 2022 hat G. Huschke, Mitglied der Arbeitsgruppe, mit einzelnen Personen Interviews geführt. Die Interviewfrage lautete: „Gibt es ab dem zweiten Härtefallverfahrensantrag Optimierungsbedarf?» Lesen Sie diese sieben unterschiedlichen Berichte

Zwei Vorstösse zur Härtefallthematik im Nationalrat durch Sarah Wyss:

Am 22.9.2022 hat Sarah Wyss zur Thematik Härtefallverfahren im Nationalrat eine schriftliche Anfrage eingereicht, um in einem ersten Schritt statistisches Wissen abzuholen (22.1047 Anfrage Härtefallstatistik für Hörgeräte). Die Antwort des Bundesrats kam am 16.11.2022.

Eine zweite schriftliche Anfrage zum Härtefallverfahren stellte Sarah Wyss im Nationalrat am 15.06.2023 Anfrage Hörgeräte. Härtefälle für die berufliche Teilhabe vereinfachen. Die Antwort des Bundesrates kam am 30.08.2023 und zeigte deutlich, dass die Verbesserungsideen, die Sarah Wyss darin vorgebracht hatte, auf wenig Zuspruch stiessen.

Verbesserungsvorschläge der Arbeitsgruppe zum Härtefallverfahren

Die Arbeitsgruppe des Schwerhörigen-Vereins Nordwestschweiz (SVNWS) legt hier, nach ausführlicher Auseinandersetzung mit dieser Thematik, vier Verbesserungsvorschläge vor:

Härtefallverfahren ab dem zweiten Antrag vereinfachen: vier Vorschläge des SVNWS

Ein einzelner, besonders wichtiger Vorschlag soll hier hervorgehoben werden:

Ein Härtefallverfahren kann man im AHV-Alter nicht (mehr) beantragen. Mehr als die Pauschalen kann man im Alter nicht erhalten. Zudem betragen die Pauschalen der AHV nur 75% der IV-Pauschalen bei Erwerbstätigen. Diese doppelte Schlechterstellung von nicht mehr Berufstätigen ist eine rechtsungleiche Behandlung: Ältere Menschen mit Schwerhörigkeit werden diskriminiert.

Da Schwerhörigkeit im Alter zunehmend ist, werden gerade im höheren Alter eher teure Hochleistungsgeräte notwendig, um ein gutes Sprachverstehen zu ermöglichen. Die Pauschalen decken die hohen Kosten der Hörgeräte bei weitem nicht ab. Deshalb ermöglicht das jetzige Versicherungssystem nur einem Teil der älteren schwerhörigen Menschen eine aktive Teilhabe in der Gesellschaft: Nur für Betroffene, die beim Hörgerätekauf tief in die eigene Tasche greifen können, ist dies möglich.

Der SVNWS fordert, dass ein Härtefallantrag unabhängig von einer Erwerbstätigkeit und unabhängig vom Alter eingereicht werden kann.

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